Raub oder räuberische Erpressung – geben oder nehmen?
Raub und räuberische Erpressung sind zwei unterschiedliche Straftatbestände im Strafgesetzbuch (StGB). Raub steht nach § 249 StGB unter Strafe, räuberische Erpressung wird nach § 255 StGB bestraft. Die Unterscheidung hat allerdings grundsätzlich für die Strafzumessung keine Bedeutung. Denn wer eine räuberische Erpressung begeht, wird laut Gesetz wie ein Räuber bestraft.
Dennoch beschäftigt die Rechtsprechung immer wieder die rechtliche Abgrenzung der zwei Straftatbestände. Denn das Gericht muss letztlich genau festlegen, nach welcher Strafnorm eine Person sich strafbar gemacht hat oder nicht.
Was kennzeichnet einen Raub, was eine räuberische Erpressung?
Der Raub § 249 StGB ist eine Straftat, der Merkmale des Diebstahls (§ 242) und der Nötigung enthält. Der Täter nötigt eine Person, mit Gewalt oder Drohung zu dulden, dass er der Person etwas wegnimmt. Die Gewalt oder Drohung muss ursächlich dafür sein, dass das Opfer das Wegnehmen duldet. Anders die räuberische Erpressung (§ 255 StGB). Sie ist rechtlich gesehen eine Form der Erpressung: Hier dient Gewalt oder Drohung dazu, das Opfer dazu zu bewegen, etwas herauszugeben.
Verkürzt gesagt handelt es sich also um einen Raub, wenn sich der Täter die Sache nimmt, um eine räuberische Erpressung, wenn er sich die Sache vom Opfer geben lässt.
Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem äußeren Erscheinungsbild des Verhaltens des Tatopfers: Bei einer Wegnahme handelt es sich um Raub, bei einer Weggabe um räuberische Erpressung (vgl. z. B. BGH 12. August 2021, Az.: 3 StR 474/20).
Erneut ein Fall vor dem BGH: War es Raub, war es räuberische Erpressung?
Auch im Jahr 2023 musste sich der BGH mit einem Fall befassen, in dem es um die Abgrenzung dieser beiden Tatbestände ging. Zwei Männer hatten einen Überfall auf eine Spielothek, eine Tankstelle und einen Getränkemarkt begangen (BGH, Beschluss v. 22.2.2023, Az.: 6 StR 44/23)
Als sie die Spielothek überfielen, nahm ein Angeklagter Bargeld aus der Kasse, die ein Mitarbeiter geöffnet hatte. Der Mittäter des Angeklagten hatte dem Mitarbeiter zuvor eine geladene Schusswaffe vorgehalten und ihn zur Herausgabe von Geld aufgefordert.
Bei einem Überfall auf eine Tankstelle forderte ein Angeklagter die Herausgabe von Geld und hielt dazu der Mitarbeiterin eine geladene Schusswaffe vor. Die Folge: Die Mitarbeiterin stellte die Kassenschublade mit Bargeld auf den Tresen, der Mann leerte die Schublade und nahm das Geld an sich.
Beim Überfall auf einen Getränkemarkt betraten beide Männer den Laden: Ein Mann forderte mit vorgehaltener, geladener Schusswaffe Geld und Zigaretten. Beides gab man ihm, zusätzlich bedienten sich die Täter noch selbst aus dem Zigarettenregal.
In allen drei Konstellationen wertete die erste Instanz die Taten jeweils als räuberische Erpressung. Das sah der BGH anders. Er verurteilte die Täter nicht wegen räuberischer Erpressung, sondern in allen drei Fällen wegen (schweren) Raubes.
In allen Fällen habe keine Vermögensverfügung der überfallenen Mitarbeiter vorgelegen: Das mit Waffeneinsatz erzwungene Verhalten (Kasse entriegeln etc.) habe jeweils nur die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme des Geldes eröffnet. Damit hätten die überfallenen Personen allesamt keine Vermögensverfügungen getroffen („Weggabe“, s. o.), sondern nur die Möglichkeit für eine Wegnahme geschaffen.
Streit um des Kaisers Bart
Letztlich änderte das Urteil des BGH aber für den Täter nichts, denn die Strafe blieb die gleiche. Der Strafrahmen ist – wie oben bereits festgestellt – identisch und auch der Unrechtsgehalt der Tat bleibt unverändert. Insofern hat das Verfahren nichts an der Strafe an sich geändert, nur an der rechtlichen Grundlage für die identische Strafe.
Rechtsmittel einzulegen – das zeigt der Fall gut –, ist nicht immer sinnvoll, auch wenn es möglich ist. Ob und wann es für meine Mandanten sinnvoll ist, ein Rechtsmittel einzulegen, ist immer Gegenstand meiner Beratung.