Cannabisblüten

BGH-Urteil: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

BGH, Urteil v. 12. Dezember 2023, Az.: 6 StR 157/23

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2023 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Oktober 2022 wird

a) das Verfahren im Fall II.10 der Urteilsgründe eingestellt; in diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das Urteil dahin geändert, dass

aa) der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe schuldig ist,

bb) die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 52.500 Euro sowie der Maschinenpistole angeordnet ist und im Übrigen entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Von den im Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten, die die Einziehung betreffen, trägt die Staatskasse drei Viertel.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Ferner hat es den Wert von Taterträgen in Höhe von 219.300 Euro, ein iPhone 11, eine Maschinenpistole sowie – Fall II.10 der Urteilsgründe betreffend – gut 20 kg Marihuana und weitere Gegenstände eingezogen.

Die auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren im Fall II.10 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein. Die von der Revision mit einer Verfahrensrüge angegriffene Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens begegnet rechtlichen Bedenken.

2. Die teilweise Verfahrenseinstellung führt zu einer Änderung des Schuldspruchs (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO); ferner entfällt die insoweit ausgeurteilte Freiheitsstrafe. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleibt hiervon unberührt.

Der Senat schließt aus, dass die von der Strafkammer verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ohne die weggefallene Freiheitsstrafe geringer ausgefallen wäre (§ 337 Abs. 1 StPO).

3. Die Verfahrensrüge zur Verwertbarkeit von in Chats enthaltenen Lichtbildern ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu der Rüge des Verstoßes gegen ein Beweisverwertungsverbot jedenfalls unbegründet.

4. Der Einziehungsausspruch ist teilweise aufzuheben.

a) Die vom Landgericht in Höhe von insgesamt 219.300 Euro angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen nach §§ 73, 73c StGB hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

Ein Täter hat einen Vermögenswert im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erlangt, wenn er ihm unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er dessen faktischer Verfügungsgewalt unterliegt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2022 – 1 StR 421/21). Für den Erlös aus Betäubungsmittelgeschäften setzt dies regelmäßig die tatsächliche Übergabe von Geldbeträgen an den Täter voraus.

Entsprechende Feststellungen zu den jeweiligen Taterträgen des Angeklagten lassen sich den Urteilsgründen auch unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs nur in einer Höhe von insgesamt 52.500 Euro entnehmen. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der gesondert Verfolgte C. im Fall II. 4 dem Angeklagten 40.500 Euro „gebracht“ hat; ferner lässt sich der in der Beweiswürdigung zu Fall II.5 festgestellten Textnachricht des gesondert Verfolgten C. an den gesondert Verfolgten Me. hinreichend deutlich entnehmen, dass der Angeklagte am 23. Mai 2020 insgesamt 12.000 Euro erhalten hat. Im Übrigen lassen sich Zahlungen an den Angeklagten den Urteilsgründen nicht entnehmen. Da hierzu weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Einziehungsausspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO.

b) Ferner entzieht die Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO der Einziehung der im Fall II.10 verwendeten Beziehungsgegenstände und Tatmittel die Grundlage.

c) Schließlich hat auch die Einziehung des iPhones keinen Bestand. Bei diesem handelte es sich nicht um ein Tatmittel im Sinne des § 74 StGB. Eine Einziehung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der betreffende Gegenstand entweder durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist. Die entsprechende Tat muss Gegenstand der Anklage gewesen und vom Tatgericht festgestellt worden sein. Ein (beabsichtigter) Einsatz des iPhones bei den abgeurteilten Taten lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Soweit sich aus der Beweiswürdigung ergibt, dass der Angeklagte im Herbst 2020 Betäubungsmitteldelikte unter Verwendung dieses Telefons beging, sind diese Taten nicht Gegenstand der Verurteilung.

d) Die teilweise Überbürdung der allein die Einziehung betreffenden notwendigen Auslagen beruht auf entsprechender Anwendung von § 465 Abs. 2 i.V.m. § 464d StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2021 – 4 StR 270/21).