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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Körperverletzung? BGH, Beschluss vom 11. April 2018, Az.: 4 StR 583/17

Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen „tateinheitlicher fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten Ha.   hat es wegen „tateinheitlicher fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen“ und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten jeweils die Fahrerlaubnis entzogen, ihre Führerscheine eingezogen und für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis Sperrfristen von einem Jahr und neun Monaten für den Angeklagten S.   und von zwei Jahren für den Angeklagten Ha.   festgesetzt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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Das Urteil

  1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 3. Juli 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
  2. a) bezüglich des Angeklagten S.   im gesamten Rechtsfolgenausspruch;
  3. b) bezüglich des Angeklagten Ha.   in den Aussprüchen über die Einzelstrafe für die Tat zu II. 2. a) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.
  4. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
  5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Sachverhalt

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Die Angeklagten befuhren am 19. Mai 2016 in den frühen Abendstunden mit ihren Pkw die in beiden Fahrtrichtungen doppelspurig ausgebaute F.straße in H. . Beide missachteten die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Der Angeklagte S. war in Eile, nachdem ihn seine Ehefrau telefonisch gebeten hatte, schnell nach Hause zu kommen, da der gemeinsame Sohn dringend ärztlicher Hilfe bedürfe.

Nach Durchfahren einer Rechtskurve fuhren die Angeklagten mit einer Geschwindigkeit von jeweils mindestens 80 km/h in den nachfolgenden geraden Straßenverlauf ein. Der Angeklagte S.   befuhr die linke, der Angeklagte Ha.   die rechte der beiden Fahrspuren.

Zum Zeitpunkt der Kurvenausfahrt der Angeklagten fuhr die Zeugin Z.   mit ihrem Pkw aus einer am rechten Fahrbahnrand der F.   straße gelegenen Parkbucht in Fahrtrichtung der Angeklagten in den rechten Fahrstreifen ein. Der Angeklagte Ha.   , der bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sein Fahrzeug noch vor der Zeugin Z.   zum Stehen hätte bringen können, wich zur Vermeidung einer Kollision auf die linke Fahrspur aus, auf der sich der Angeklagte S.   leicht versetzt hinter ihm befand.

Dieses Ausweichmanöver veranlasste den Angeklagten S.   zu einer Schreckreaktion. Er verriss das Lenkrad nach links in Richtung der Gegenfahrbahn und betätigte die Bremse. Auf der Gegenfahrbahn kam es zu einer streifenden Kollision mit einem entgegenkommenden Pkw, die der Angeklagte bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch die eingeleitete Bremsung hätte vermeiden können. Anschließend kollidierte sein Fahrzeug frontal mit einem weiteren Pkw. Sowohl der Angeklagte S.   als auch die vier Insassen der beiden anderen am Unfall beteiligten Fahrzeuge wurden durch die Kollisionen verletzt, zum Teil schwer.

Der Angeklagte Ha.   stellte das von ihm geführte Fahrzeug am Straßenrand ab und kehrte zu Fuß zu der Unfallstelle zurück. Dort gab er sich bewusst nicht als Unfallbeteiligter zu erkennen, sondern schilderte den zwischenzeitlich erschienenen Polizeibeamten, er habe den Unfall als am Fahrbahnrand befindlicher Fußgänger beobachtet. Er machte Angaben zum Unfallhergang, wobei er allerdings in seiner Schilderung des Geschehens seine eigene Unfallbeteiligung durch die eines vermeintlich unbekannten Fahrers ersetzte.

Schließlich verließ der Angeklagte Ha.   den Unfallort zu Fuß. Ob dies zu einem Zeitpunkt geschah, als noch Polizeibeamte vor Ort waren, oder ob er das Ende des Einsatzes abwartete und erst fortging, als keine andere Person mehr anwesend war, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Jedenfalls hatte er bis zu diesem Zeitpunkt niemandem etwas von seiner Unfallbeteiligung mitgeteilt. 

Urteilsgründe

Die sachlich-​rechtliche Prüfung des Urteils führt, soweit es den Angeklagten S.   betrifft, zu einer Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs und bezüglich des Angeklagten Ha.   zu einer Aufhebung der Aussprüche über die Einzelstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie über die Gesamtstrafe.

  1. Die Schuldsprüche weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

Näherer Erörterung bedarf nur die Verurteilung des Angeklagten Ha.   wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB, die jedoch ebenfalls rechtlicher Nachprüfung standhält. Dem steht nicht entgegen, dass die Strafkammer nicht auszuschließen vermocht hat, dass der Angeklagte Ha.   den Unfallort erst zu einem Zeitpunkt verließ, als keine andere Person mehr vor Ort war.

  1. a) Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat. Ob dieser Tatbestand auch dann erfüllt ist, wenn sich der Unfallbeteiligte als Letzter vom Unfallort entfernt, ist bislang in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt worden.
  2. aa) Nach der vom Oberlandesgericht Hamm – allerdings bislang nicht tragend entschieden – und dem ganz überwiegenden Schrifttum vertretenen Auffassung ist der Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB auch dann erfüllt, wenn der Täter den Unfallort erst nach der feststellungsberechtigten Person verlässt, sofern er zuvor seine Vorstellungspflicht verletzt hat.
  3. bb) Nach der Gegenansicht, die insbesondere vom Bayerischen Obersten Landesgericht vertreten wurde, scheidet in einer solchen Fallkonstellation eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB aus.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat hierzu ausgeführt: Nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB sei das Verlassen der Unfallstelle nur strafbar, wenn sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entferne, solange es ihm noch möglich sei, seine Vorstellungspflicht gegenüber (anwesenden) feststellungsbereiten Personen zu erfüllen. Die Vorstellungspflicht sei sinnlos, wenn der feststellungsberechtigte Unfallgegner nicht mehr am Unfallort zugegen sei; ein Sich-​Entfernen durch den Unfallbeteiligten zu diesem Zeitpunkt könne keine Feststellungen mehr vereiteln und sei nicht geeignet, die Interessen der feststellungsberechtigten Person weiter zu beeinträchtigen. Es führe daher nicht zu einer Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn der Täter die Unfallstelle erst nach den feststellungsbereiten Personen verlasse. Sonst müsste ein Unfallbeteiligter in einem solchen Fall – gegebenenfalls zeitlich unbegrenzt – am Unfallort verharren, um sich nicht strafbar zu machen. Allerdings könne sich noch eine Strafbarkeit gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB ergeben, sollten die gebotenen Feststellungen durch den Unfallbeteiligten nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht werden.

Dieser Auffassung haben sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie einzelne Autoren im Schrifttum angeschlossen.

  1. b) Der Senat folgt der vom Oberlandesgericht Hamm und dem ganz überwiegenden Schrifttum vertretenen Auffassung. Hierfür sprechen der Wortlaut der Vorschrift, ihre Entstehungsgeschichte, systematische Erwägungen sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Im Einzelnen:
  2. aa) Der Wortlaut des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt nicht voraus, dass der Feststellungsberechtigte noch am Unfallort anwesend ist, wenn sich der Täter von dort entfernt. Erforderlich ist nach dem Wortlaut nur, dass sich der Täter entfernt, „bevor“ er die gebotenen Feststellungen ermöglicht hat. Da der Tatbestand gerade an die Verletzung der Vorstellungspflicht anknüpft, ist das Merkmal „bevor“ so zu verstehen, dass der Täter den Unfallort verlassen haben muss, ohne zuvor die gebotenen Feststellungen ermöglicht zu haben. Hierfür ist es jedoch ohne Bedeutung, in welcher Reihenfolge die Unfallbeteiligten den Unfallort verlassen und ob der Täter im Zeitpunkt seines Sich-​Entfernens die Pflicht noch gegenüber einer anwesenden Person hätte erfüllen können.
  3. bb) Die Erfassung auch desjenigen als Täter, der sich als Letzter vom Unfallort entfernt, entspricht dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch das 13. Strafrechtsänderungsgesetz vom 13. Juni 1975. Danach sollten solche Verhaltensweisen pönalisiert werden, bei denen der Schädiger „zwar pflichtgemäß gewartet, sich aber nicht als Unfallbeteiligter zu erkennen gegeben hat“. Dies ist jedoch auch der Fall, wenn der Täter so lange am Unfallort wartet, bis sich ein zunächst anwesender feststellungsberechtigter Unfallgegner entfernt hat. Zudem stellt die Gesetzesbegründung ausdrücklich klar, dass sich der Unfallbeteiligte – ausnahmsweise – dann entfernen darf, wenn sich der Unfallgegner selbst durch Unfallflucht der Aufnahme des Unfalls entzogen hat; dieser Klarstellung hätte es nicht bedurft, wenn mit dem Verlassen des Unfallorts durch den Unfallgegner stets eine Strafbarkeit ausgeschlossen wäre.
  4. cc) Gesetzessystematische Erwägungen sprechen ebenfalls dafür, dass § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB auch denjenigen Unfallbeteiligten erfasst, der nach Verletzung seiner Vorstellungspflicht den Unfallort als Letzter verlässt.

Ein solches Verhalten wäre – eine Straffreiheit nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB unterstellt – nämlich von keiner anderen Tatbestandsvariante des § 142 StGB erfasst. Anders als teilweise angenommen wurde, unterfiele diese Fallgestaltung insbesondere nicht der Vorschrift des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Denn die letztgenannte Tatbestandsvariante setzt voraus, dass sich der Täter „berechtigt“ oder „entschuldigt“ vom Unfallort entfernt hat. Ein solcher Fall liegt – insbesondere mangels Eingreifens eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes – aber nicht vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter nach Verletzung seiner Vorstellungspflicht schlicht als Letzter vom Unfallort entfernt. Einer Anwendung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB auf solche Fälle steht das Analogieverbot entgegen.

Es bestünde aber ein erheblicher Wertungswiderspruch, wenn sich ein Unfallbeteiligter, der sich nach Ablauf der Wartepflicht (§ 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB) bzw. berechtigt oder entschuldigt (§ 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB) vom Unfallort entfernt hat, bei nicht unverzüglicher nachträglicher Ermöglichung der Feststellungen strafbar machte, hingegen ein Unfallbeteiligter, der sich nach Verletzung seiner Vorstellungspflicht als Letzter vom Unfallort entfernt, endgültig straffrei bliebe.

  1. dd) Schließlich kann es auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen Unterschied machen, in welcher Reihenfolge sich die Unfallbeteiligten vom Unfallort entfernen.

Das Schutzgut des § 142 StGB besteht in der Sicherung bzw. Abwehr der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche). Dieses Schutzgut ist auch dann betroffen, wenn sich der Täter erst nach der feststellungsberechtigten Person vom Unfallort entfernt, sofern er zuvor seine Vorstellungspflicht verletzt hat. Gerade die Nichterfüllung der Vorstellungspflicht führt typischerweise dazu, dass sich der Feststellungsberechtigte entfernt, obwohl noch ein – ihm in dieser Eigenschaft allerdings nicht bekannter – anderer Unfallbeteiligter vor Ort ist.

Der als letzter am Unfallort verbleibende Unfallbeteiligte wäre schließlich auch nicht gezwungen, zeitlich unbegrenzt am Unfallort zu verharren, um sich nicht strafbar zu machen. Ihm verbleibt vielmehr ohne Weiteres die Möglichkeit, feststellungsbereite Personen – insbesondere die Polizei – zum Unfallort herbeizurufen, um sich mittels nachgeholter Erfüllung seiner Vorstellungspflicht straffrei vom Unfallort entfernen zu können.

  1. Hingegen weist der Rechtsfolgenausspruch bei beiden Angeklagten Rechtsfehler auf.
  2. a) Bei dem Angeklagten S.   hält der Rechtsfolgenausspruch insgesamt rechtlicher Prüfung nicht stand.
  3. aa) Der Strafausspruch unterliegt der Aufhebung, weil das Landgericht bei der Strafzumessung das Mitverschulden weiterer Verkehrsteilnehmer an dem Unfallgeschehen nicht strafmildernd berücksichtigt hat.

Wird ein Taterfolg auch durch das nicht bloß unerhebliche Mitverschulden einer oder mehrerer dritter Personen herbeigeführt, vermindert dies das Gewicht der dem Täter zuzurechnenden Tatfolgen und stellt daher regelmäßig einen bestimmenden Strafmilderungsgesichtspunkt dar.

Vorliegend hat die Strafkammer ein erfolgsursächliches Verschulden des Mitangeklagten Ha.   festgestellt. Zwar hat sie offengelassen (UA 33), ob auch der Zeugin Z.   infolge eines Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht nach § 10 Satz 1 StVO ein Mitverschulden anzulasten ist. Hiervon hätte das Landgericht jedoch im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten S.   ausgehen müssen. Das so zu berücksichtigende Mitverschulden sowohl des Mitangeklagten als auch der Zeugin Z.   ist auch nicht von bloß untergeordneter Bedeutung; denn erst hierdurch wurde der Angeklagte S.   veranlasst, sein Fahrzeug in den Gegenverkehr zu steuern.

  1. bb) Die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB hat ebenfalls keinen Bestand, weil die Strafkammer bei Prüfung der Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Maßregelanordnung darauf beruht.

(1) Charakterliche Unzulänglichkeiten, die zur Ungeeignetheit nach § 69 Abs. 1 StGB führen, sind in erster Linie Persönlichkeitsmängel, die sich in besonderer Verantwortungs- oder Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern äußern. Stützt das Tatgericht die Fahrerlaubnisentziehung auf eine Straftat, die nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthalten ist, muss es eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit vornehmen, mit der die fehlende Eignung belegt wird, wobei der Umfang der Darlegung vom Einzelfall abhängt.

(2) Die Strafkammer hat zur Begründung ihrer Annahme einer charakterlichen Ungeeignetheit des Angeklagten darauf abgestellt, er sei nicht in der Lage gewesen, seinen emotionalen Erregungszustand so ausreichend zu kontrollieren, dass er sein Fahrzeug mit der erforderlichen Umsicht führen konnte. Dies wiege umso schwerer, als der Angeklagte aufgrund früherer Vorkommnisse gewusst habe, dass er sich bei negativen Nachrichten über den Gesundheitszustand seines Sohnes nicht mehr ausreichend unter Kontrolle habe. Da die Erkrankung seines Sohnes überdauernd sei, sei von einer „dringenden Wiederholungsgefahr“ auszugehen.

Hierbei hat die Strafkammer allerdings außer Acht gelassen, dass der in der Tatsituation begangene Verkehrsverstoß zwar erheblich, aber angesichts der akuten Sorge des Angeklagten um seinen Sohn nicht durch eine besondere Verantwortungs- oder Rücksichtslosigkeit geprägt war. Dementsprechend ist das Landgericht bei der Strafzumessung selbst davon ausgegangen, dass das von dem Angeklagten gezeigte Ausmaß an rechtsfeindlicher Gesinnung als „äußerst gering“ einzustufen sei.

Die lediglich pauschale Erwägung, dem Angeklagten sei aufgrund „vorangegangener Vorkommnisse“ bewusst gewesen, dass er sich bei negativen Nachrichten über seinen Sohn nicht unter Kontrolle habe, belegt in ihrer Allgemeinheit nicht die vom Landgericht angenommene Wiederholungsgefahr. Den Urteilfeststellungen ist nicht zu entnehmen, dass die Sorge um seinen Sohn bereits früher zu einem Fehlverhalten des 47-​jährigen Angeklagten, der erstmals wegen einer Verkehrsstraftat in Erscheinung getreten ist und dessen Fahreignungsregister keinen Eintrag aufweist, geführt hatte.

  1. b) Bei dem Angeklagten Ha.   hat die Einzelstrafe wegen der Verurteilung nach § 229 StGB ebenfalls keinen Bestand.

Auch hier hat die Strafkammer unberücksichtigt gelassen, dass das Unfallgeschehen vom 19. Mai 2016 nicht auf einem Alleinverschulden dieses Angeklagten beruhte, sondern auch auf einem Mitverschulden des Mitangeklagten S.   und – jedenfalls nicht ausschließbar – der Zeugin Z.  . Der Wegfall der Einzelstrafe entzieht zugleich dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.

Im Übrigen begegnet der Rechtsfolgenausspruch bezüglich des Angeklagten Ha.   keinen Bedenken. Die Strafkammer hat die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgeblich auf das durch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gegebene Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB gestützt. Auch bei ihren Erwägungen zur Bemessung der Sperrfrist nach § 69a StGB hat sie nicht auf das eigentliche Unfallgeschehen und das sich hieraus ergebende Maß an Verschulden, sondern auf die Voreintragungen des Angeklagten im Fahreignungsregister und die durch ihn kontinuierlich und in kurzer Abfolge begangenen Verkehrsverstöße abgestellt.