Das Strafverfahren ist das Verfahren zur Entscheidung über die Strafbarkeit einer Person, der eine Straftat vorgeworfen wird. Der Strafprozess, ist in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt – das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren ist gerade für das Strafverfahren in den Grundrechten der BRD verankert. Im Strafverfahren unterscheidet man dabei das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren.
Ziel des Erkenntnisverfahrens ist es, die Schuld oder Unschuld des Tatverdächtigen festzustellen und im Anschluss eine angemessene Strafe für die begangene Tat zu finden oder ihn freizusprechen. Das Erkenntnisverfahren untergliedert sich dabei wiederum in drei Verfahrensstadien: das Ermittlungsverfahren, das Zwischenverfahren und das Hauptverfahren. Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft eröffnet, die den Sachverhalt zum Tatvorwurf ermittelt. Im Zwischenverfahren entscheidet das Strafgericht, ob das Hauptverfahren eröffnet und damit die Anklage zugelassen wird. Im Hauptverfahren wird das Strafverfahren dann meist mit einem Urteilsspruch – Verurteilung oder Freispruch – beendet. Erhärtet sich im Verfahren der Tatvorwurf nicht, kann das Verfahren auch eingestellt werden.
Im Vollstreckungsverfahren wird die verhängte Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe durchgesetzt, also z. B. eine Freiheitsstrafe mittels Haft vollstreckt.
Um ein faires und gerechtes Verfahren zu gewährleisten, gelten im Strafverfahren verschiedene Verfahrensgrundsätze. Zu den Grundprinzipien im Verfahren zählen unter anderem das Offizialprinzip, das Legalitätsprinzip, das Anklageprinzip bzw. Akkusationsprinzip, der Grundsatz der Mündlichkeit, der Grundsatz der Öffentlichkeit und vor allem: die Unschuldsvermutung.
Sobald ein Anfangsverdacht hinsichtlich des Vorliegens einer Straftat vorliegt, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (Legalitätsprinzip). Dabei kann die Staatsanwaltschaft Kenntnis vom Verdacht einer Straftat aufgrund von Strafanzeige, Strafantrag oder durch amtliche Wahrnehmung erhalten.
Die Unschuldsvermutung ist ein Grundprinzip eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens – in Deutschland und in vielen anderen Rechtsstaaten weltweit. Weil die Unschuldsvermutung – bzw. der Grundsatz „in dubio pro reo“ von so großer Bedeutung ist, findet er sich als Recht auf ein faires Verfahren auch in Art. 6 II EMRK.
Die Unschuldsvermutung bzw. der Grundsatz „in dubio pro reo“ – „im Zweifel für den Angeklagten“ – ist im Strafrecht bzw. im Strafverfahren einer der wichtigsten Grundsätze, an die sich die Verfahrensbeteiligten halten müssen. Er besagt, dass der Beschuldigte in einem Strafverfahren unabhängig vom Verfahrensstadium und bis zur tatsächlichen Verurteilung als unschuldig gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Hinzu kommt, dass der vermeintliche Straftäter eben nicht nur als unschuldig zu gelten hat, sondern vor allem von Richtern, Staatsanwälten und der Polizei so zu behandeln ist. Rein rechtlich gilt dieser Grundsatz tatsächlich nur im Strafverfahren und ist von den Verfahrensbeteiligten zu beachten.
Ein wesentlicher Aspekt der Unschuldsvermutung ist, dass der Beschuldigte/Angeklagte durch das Verhalten der Ermittlungsbehörden nicht vollkommen ruiniert sein darf, wenn sich tatsächlich seine Unschuld im Verfahren herausstellen sollte.
Auch aus diesem Grund müssen sich Ermittlungsmaßnahmen „im Rahmen“ halten, um den vermeintlichen Straftäter nicht zum reinen Objekt der Ermittlungen verkommen zu lassen, ohne Auswirkungen und Folgen zu bedenken. Das gilt vor allem – aber nicht nur – im Sexualstrafrecht. Gerade hier kann schon ein ungerechtfertigtes Ermittlungsverfahren massive Folgen für Betroffene haben.
Die Folgen der Unschuldsvermutung bzw. des Grundsatzes „in dubio pro reo“ sind für einen Betroffenen von großer Bedeutung. Denn kann einem vermeintlichen Straftäter die vorgeworfene Straftat nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, ist er freizusprechen. Gelingt es einem Strafverteidiger im Verfahren z. B. beim Gericht ausreichende Zweifel an der Schuld des Angeklagten oder seiner Tatbegehung zu schüren, muss der vermeintliche Täter freigesprochen werden. Das gilt bei kleinen Straftaten (Diebstahl etc.) genauso wie bei Kapitalverbrechen (Mord etc.) und ist gerade beim Vorwurf einer schweren Straftat mit einer möglichen hohen Freiheitsstrafe besonders wichtig.
Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt für das gesamte Strafverfahren, also auch für das Ermittlungsverfahren. Ist man Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren, empfiehlt es sich dringend, einen Strafverteidiger einzuschalten. Nur dieser kann Einsicht in die Ermittlungsakten beantragen und so feststellen, was Ihnen aufgrund welcher Beweise eigentlich vorgeworfen wird. Anschließend kann gemeinsam eine Verteidigungsstrategie erarbeitet werden.
Sobald ein Anfangsverdacht hinsichtlich des Vorliegens einer Straftat vorliegt, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (Legalitätsprinzip). Ein Anfangsverdacht ist dann gegeben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die nach kriminalistischer Erfahrung die Beteiligung des Betroffenen an einer verfolgbaren strafbaren Handlung als möglich erscheinen lassen. Dafür müssen konkrete Tatsachen vorliegen, die diese Annahme stützen, Vermutungen sind nicht ausreichend.
Das Ermittlungsverfahren wird geführt durch die Staatsanwaltschaft, ihr obliegt die Pflicht, den ermittlungserheblichen Sachverhalt zu erforschen. Das umfasst nicht nur die Ermittlungspflicht hinsichtlich der Umstände, die den Beschuldigten belasten, sondern auch hinsichtlich der Tatsachen, die den Beschuldigten entlasten. Hierzu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, unter anderem die Vernehmung des Beschuldigten, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die Beschlagnahme, die Durchsuchung oder die Untersuchungshaft.
Das Ermittlungsverfahren endet durch Erhebung der öffentlichen Klage (Anklage) oder Einstellung des Verfahrens.
Zwischenverfahren durch Klageerhebung
Durch Erhebung der öffentlichen Klage wird das Zwischenverfahren eingeleitet. Die Klage wird erhoben durch Einreichung einer Anklageschrift beim zuständigen Gericht. Im Zwischenverfahren wird der Beschuldigte als Angeschuldigter bezeichnet. Im Falle eines Antrags auf Erlass eines Strafbefehls entfällt das Zwischenverfahren. Von enormer Bedeutung im Zwischenverfahren sind die inhaltlichen Anforderungen, die durch die StPO an die Anklageschrift gestellt werden. Sofern die Anforderungen nicht eingehalten werden, bieten sich in diesem Stadium des Verfahrens gute Möglichkeiten einer Verteidigung.
Genügt die Anklageschrift den gesetzlichen Voraussetzungen, so entscheidet das Gericht in nichtöffentlicher Sitzung, ob das Hauptverfahren eröffnet wird. Voraussetzung für die Eröffnung des Hauptverfahrens ist, dass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Angeschuldigte eine strafbare Handlung begangen hat und verurteilt wird. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ergeht mit dem Eröffnungsbeschluss. Darin wird auch das Gericht benannt, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. Mit dem Ablehnungsbeschluss kann das Gericht beschließen, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. Wird das Hauptverfahren nicht eröffnet stellt das Gericht das Verfahren ein.
Hauptverfahren und Hauptverhandlung
Wird das Hauptverfahren durch das Gericht eröffnet, kommt es zur Hauptverhandlung. Dabei unterteilt sich das Hauptverfahren in zwei Phasen: Zunächst beginnt die Vorbereitung der Hauptverhandlung (u.a. Terminbestimmung, Zustellung des Eröffnungsbeschlusses). In Haftsachen ist dabei der Beschleunigungsgrundsatz besonders zu beachten. Anschließend findet die Hauptverhandlung statt. Grundsätzlich gilt in der Hauptverhandlung der Mündlichkeitsgrundsatz. Ebenso ist die Hauptverhandlung grundsätzlich öffentlich (Ausnahmen z. B. wenn der Angeklagte jugendlich ist).
Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Es wird dann durch den Vorsitzenden die Anwesenheit des Angeklagten, des Verteidigers sowie der Beweismittel (insbes. Zeugen und Sachverständige) festgestellt. Anschließend werden Zeugen und Sachverständige belehrt (zumindest in der Praxis) und aufgefordert den Sitzungsaal zu verlassen.
Der/die Angeklagte wird nun zu seinen persönlichen Verhältnissen vernommen. Sodann verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Es folgt die Belehrung des/der Angeklagten über seine Aussagefreiheit. Es steht dem/der Angeklagten frei, sich zur Sache zu äußern. Möchten Angaben gemacht werden, kommt es zur Vernehmung des/der Angeklagten zur Sache. Anschließend wird die Beweisaufnahme durchgeführt (Vernehmung von Zeugen, Verlesung von Urkunden, etc.).
Mit Abschluss der Beweisaufnahme erhalten zunächst Staatsanwaltschaft und dann Angeklagte/r oder dessen Verteidiger zu ihren Ausführungen das Wort (Schlussplädoyers). Anschließend hat der/die Angeklagte das letzte Wort. Das Gericht zieht sich dann zur Urteilsfindung zurück. Die Hauptverhandlung endet mit der Urteilsverkündung. Gegen ein Urteil kann unter Umständen Berufung eingelegt werden.